Verein der Belgischen Schäferhunde Österreichs
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24.04.2013

Betreff: Cerebelläre Ataxie beim Malinois


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Cerebelläre Ataxie beim Malinois (Belgischer Schäferhund)

Aus gegebenen Anlass möchten wir hier für interessierte Züchter und Malinoisbesitzer noch einmal kurz unsere Publikation aus dem Jahr 2011 zusammenfassen (Spongy Degeneration with Cerebellar ataxia in Malinois puppies: A hereditary Autosomal Recessive Disorder? Kleiter M, Högler S, Kneissl S, Url A, Leschnik M. JVIM 2011;25:490-496) und ein Update zu unserer Forschung geben:

Uns wurden an der Veterinärmedizinischen Universität Wien in einem Zeitraum von 15 Jahren mehrmals junge Malinoiswelpen vorgestellt, die an einer Koordinationsstörung (Ataxie) litten, welche im Alter zwischen 4-7 Wochen erstmals auftrat. Der Schweregrad dieser Koordinationsstörung war unterschiedlich stark ausgeprägt. Kranke Welpen zeigten breitbeiniges Stehen, schwankenden Gang, Kopfzittern, Umfallen beim Versuch Loszugehen und Umfallen mit steifer Muskulatur bei der Futteraufnahme. Bei manchen Welpen waren diese Symptome sehr deutlich, bei anderen milder. Alle Welpen waren in einer guten allgemeinen Verfassung, manche wiesen eine etwas schlechter ausgeprägte Muskulatur an den Hinterextremitäten auf. Alle Hunde mussten aber aufgrund einer fehlenden Besserung ihrer klinischen Symptome eingeschläfert werden. Eine pathohistologische Untersuchung zeigte bei allen Welpen vakuoläre Veränderungen („Löcher“) im Bereich der Kleinhirndachkerne, in geringerem Maße waren auch Bereiche der Kleinhirnrinde betroffen. Außerhalb des Kleinhirns wurden ebenfalls Veränderungen in anderen Gehirnarealen und teils dem Rückenmark nachgewiesen, jedoch nicht so konstant und ausgeprägt wie die Kleinhirnveränderungen.

Eine frühere Publikation aus dem Jahr 1991 von Cachin und VandeVelde beschreibt wahrscheinlich bereits die gleiche Erkrankung bei einem Wurf einer Malinoishündin, bei welcher der Vater als unbekannt angegeben ist. In dieser Publikation wurden im Vergleich zu unseren Fällen stärkere Veränderungen außerhalb des Kleinhirns (insbesondere Großhirn) beschrieben und auch ein deutlicheres „Kümmern“ erkrankter Tiere im Vergleich zu gesunden Geschwistern berichtet.

In einer Stammbaumanalyse fielen die erkrankten Welpen in Würfen aus 5 verschiedenen Deckrüden und drei verschieden Zuchthündinnen. Diese Zuchttiere hatten alle einen bis zu 8 Generationen zurückliegenden Deckrüden gemeinsam. Insgesamt waren von insgesamt 40 gefallenen Welpen 13 Welpen von der Erkrankung betroffen. Derzeit spricht das vorhandene Datenmaterial für eine einfache autosomal rezessive Vererbung. Ob hier jedoch wirklich nur ein Gen verändert ist, oder doch Verstärkerfaktoren oder mehr als ein Gen involviert sind, muss in noch größeren Fallzahlen bestätigt werden.

Unser nächstes Ziel ist es, das betroffene Gen zu identifizieren, die genaueren Mechanismen der Erkrankung zu entschlüsseln und abzuklären, inwieweit die Erkrankung am lebenden Welpen mittels MRI diagnostiziert werden kann. Hierfür wurden erste Blutproben von bekannten Trägertieren, erkrankten Welpen und gesunden Malinois gesammelt und inzwischen auch analysiert. Weiters wurden erste Gewebeproben neben einer Standardobduktion gemeinsam mit unserer Gewebebank für spätere Spezialanalysen archiviert. Zum derzeitigen Zeitpunkt haben wir noch zu wenig Probenmaterial erkrankter Welpen und deren Eltern, um das betroffene Gen detektieren zu können.
Für den österreichischen Klub für belgische Schäferhunde (VBSÖ) wurde bereits 2011 im Rahmen der jährlichen Züchtertagung ein erster Vortrag zu dieser Erkrankung gehalten und erfreulicherweise ist der VBSÖ sehr interessiert uns bei der weiteren Erforschung der Krankheit zu unterstützen.

In Deutschland fiel im Sommer 2012 ein Wurf mit drei kranken Welpen, welche neben Koordinationsstörungen auch fokale Krampfanfälle zeigten (siehe auch VBSÖ Beitrag zu "Der C-Wurf, das große Zittern" der Züchterin Mareike Wollschläger). Solche fokalen Krampfanfälle wurden bei den von uns dokumentierten Welpen nicht festgestellt. Ob es sich hier wirklich um die gleiche Erkrankung mit stärker variierenden klinischen Symptomen handelt, muss noch erforscht werden. Vorstellbar ist dies durchaus, da eben Gehirnbereiche auch außerhalb des Kleinhirns in unterschiedlicher Stärke betroffenen sein können. Derzeit ist auch nicht klar, ob diese Erkrankung bei den anderen Varietäten des Belgischen Schäferhundes bereits aufgetreten ist.

Nach derzeitigem Wissenstand kann angenommen werden, dass es innerhalb der Malinoispopulation eine nicht bekannte Anzahl von Trägerhunden gibt. In manchen Teilpopulationen kann es unwissentlich zu einer Häufung von Trägertieren gekommen sein und damit zu einem erhöhten Risiko, bei Verpaarungen ungeplant zwei Trägertiere zusammen zu führen. Da die Erkrankung derzeit noch nicht so bekannt ist, ist hier Aufklärung sowohl bei Tierärzten als auch bei Züchtern und Verbänden wichtig. Die Entwicklung eines Gentestes wäre für die Zukunft sehr hilfreich, um auch in einer Population mit mehreren Trägern Verpaarungen, die zu kranken Welpen führen können, zu vermeiden.

Wir sind sehr daran interessiert, bei der Entschlüsselung der Erkrankung weiter zu kommen. Dafür ist es ganz wesentlich, erkrankte Welpen untersuchen zu lassen (bei uns oder an anderer kompetenter Stelle), um eine korrekte Diagnose stellen zu können und eine Dokumentation der nachweisbaren Veränderungen zu haben.
Blutproben sind von kranken Welpen und deren Eltern zur Entschlüsselung der Erkrankung zwingend notwendig. Wir sammeln derzeitig nur Blut von kranken Tieren, eng verwandten Tieren (zB Vollgeschwister) und wissentlichen Trägern (wir haben im Moment ausreichend gesunde Kontrolltiere und werden Blut gesunder Hunde erst etwas später weitersammeln).

Kontaktpersonen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien sind: 
Interne Medizin Kleintiere: Tel. +43-1-25077-5137 (Kleintierannahme)
•    Dr. Michael Leschnik (Neurologie) und Prof. Miriam Kleiter (Onkologie);
e-mail: Michael.Leschnik@vetmeduni.ac.at, Miriam.Kleiter@vetmeduni.ac.at
Pathologie und gerichtliche Veterinärmedizin
•    Dr. Sandra Högler, Sandra.Högler@vetmeduni.ac.at, Tel. +43-1-25077-2429